Ich bin ich und werde es immer bleiben, auch wenn du stets versuchst,
jeglichen Blickkontakt zu mir zu vermeiden, wenn ich scheinbar völlig
verrückte Dinge unternehme, mich vernehmlich nach meinem längst
verstorbenen Gatten sehne. Wenn ich Dinge anders verrichte als man
das gemeinhin vielleicht tut. Leider fehlt dir Gesundem viel zu häufig
der Mut, mich trotzdem weiterhin so anzunehmen, ohne meine
Vergesslichkeit oder Sonderlichkeit zu erwähnen, wie ich bin und
schon immer bin es gewesen: dein Freund, dein Vertrauter, ein
menschliches Wesen, das genauso fühlt, liebt, lacht und leidet wie du
auch. Ein Mensch, der wertgeschätzt zu sein brauch‘. Nur weil ich
vielleicht mein Gedächtnis für manche Sachen verliere, bin ich nicht
weniger wertvoll als du. Ich verdiene es, dass du mich beachtest,
ernst nimmst und hörst mir zu. Vieles habe ich auch jetzt noch zu
sagen, weiß vielleicht sogar kluge Antworten auf jene Fragen des
Lebens, die werden heutzutage auf dieser Welt gar nicht oder nur noch
hinter vorgehaltener Hand ganz leise flüsternd gestellt. Sicherlich ist
es richtig und stimmt, dass ich mich unkonventionell verhalte,
manchmal wie ein Kind, das die Welt gerade erst entdeckt für sich.
Wer aber sagt, ich dürfe das nicht? Wer gibt mir oder dir vor, stets
korrekt und konform zu agieren. Vielleicht ist es sogar für mich zum Teil auch
ein Glück zu verlieren manche Erinnerung, manche Erfahrung, manches
Missgeschick. Vielleicht ist mein kindlich-vergesslich-dementer, neuer
Blick auf die Realität in Wahrheit die einzig wahre Chance für mich im
Leben, mich einmal einfach nach meiner eigenen Fasson zu zeigen
und zu geben. Und wenn das so ist, dann bist du vielleicht der, dem
eigentlich zufrieden zu leben fällt tagtäglich schwer. Vielleicht solltest
du mich also um das beneiden, was zur Kenntnis zu nehmen du so krampfhaft
versuchst zu vermeiden. Und auch, wenn du daran Zweifel hegst, dich
lieber auf deinem vertrauten, realitätsnahen Terrain weiterbewegst,
so gestatte es zumindest mir, dass ich lebe auch mit dem Ausblick
gerne weiter hier, dass ich dich oder einen anderen nicht erkenne, im
Nachthemd zur Aufführung der Laienspielgruppe der Klinik renne,
schwelge im Gestern voll Inbrunst und Wonne, genieße auf der Haut
die wärmende Sonne im Pelzmantel zur Hochsommerzeit. Denn
bedenke, ich tue mir trotz allem nicht im Geringsten leid, lebe zufrieden und froh
und das solltest du für dich heute und auch morgen noch ebenso.
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